Positionspapier vom 16. Mai 2018
Seit dem Beitritt der Basler Schulen zum HarmoS- und dem Sonderpädagogikkonkordat konfrontiert die integrative Schule die Lehr- und Fachpersonen, die Schulleitungen und das ganze Bildungswesen mit zahlreichen Veränderungen. Das Projekt «Förderung und Integration» ist aus Sicht der FSS noch längst nicht abgeschlossen und bedarf mehrfacher Verbesserungen. Insbesondere vermisst die FSS, dass die Erfahrung der Lehr- und Fachpersonen aus der Praxis bei den Diskussionen einbezogen wird.
Die FSS fordert grundsätzlich die Anerkennung des Projektstatus «Förderung und Integration» sowie die Einsetzung einer mit den notwendigen Kompetenzen ausgestatteten Projektleitungs-person, die sich mit folgenden Problemfeldern auseinandersetzt:
- Klarere und verkürzte Abläufe (u.a. mit dem Ziel einer markanten Reduktion der involvierten Dienststellen pro Fall)
- weniger Konzeptpapiere, welche jedoch benutzerorientiert formuliert sind
- Entlastung des Spannungsfelds zwischen Integration und Leistung, indem der durch die Schullaufbahnverordnung entfachte Leistungsdruck spürbar reduziert wird (Fokus v.a. bei den jüngeren Kindern)
- Genügend qualifiziertes Personal, eine angemessene Lerngruppengrösse sowie genügend Schulraum für die anspruchsvollen integrativen Schulungsformen wie z.B. Team-Teaching und Einzelförderungen
- Transparenz über die vor Ort vorhandenen Ressourcen für die schulische Integrationsarbeit sowie eine niederschwellige Aufstockung der finanziellen Mittel bei Bedarf und steigenden SuS-Zahlen (u.a. für mehr Teamteaching sowie ausreichend Logopädie und Psychomotorik)
- Berücksichtigung des Sozialindex sowohl bei der Verteilung aller Ressourcen im Grund- und Förderangebot als auch bei der Festlegung von Klassengrössen
- Zusätzliche Ressourcen für die in den Regelklassen integrativ zu schulenden Kinder, welche nur sehr knapp keine «Verstärkten Massnahmen» erhalten haben (IQ-Bereich 70 – 75)
- Je nach Aufgabe zusätzlich zum ULD zur Verfügung stehende Ressourcen an jedem Schulstandort für den Einsatz von qualifizierten Assistenzpersonen wie Sozialpädagog*innenoder andern Assistenzen wie Vorpraktikant*innen, Zivildienstleistende im Unterricht
- Eine fest institutionalisierte sowie niederschwellige „Time Out-Lösung“ an jedem Schulstandort, wenn integrativer Unterricht aufgrund von Störungen im Unterricht und Verhaltensauffälligkeiten nicht mehr leistbar ist
- Ein fest institutionalisiertes Schuleingangsstufen-Angebot an jedem Primarschulstandort, durch welches Kinder mit Entwicklungsverzögerungen optimal gefördert werden; dafür sind auch Einführungsklassen von Gesetzes wegen wieder zuzulassen
- Schaffung eines praxisnahen Konzepts für den Unterricht an den Spezialangeboten (SpA)
- Bereitstellung der notwendigen Weiterbildungsangebote für die zahlreichen, neuen integrativen Unterrichtsanforderungen (z.B. ASS-Begleitung) sowie Gewährung der dafür angebrachten Entlastung (zeitlich und finanziell)
- Freiwillige Erprobung exemplarischer Modelle an einigen Schulstandorten z. Bsp: Zürcher Modell «Fokus Starke Lernbeziehungen», „Churer Modell“ ect. (wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte)
- Unterstützung des integrativen Auftrags durch die Schaffung von zusätzlichem Schulraum und mehr Klassen infolge der real steigenden Schülerinnen- und Schülerzahlen
- Die Schaffung eines politisch breit abgestützten Konzepts für wirksame, integrative Anschlusslösungen nach der Volksschule (z.B. «Impuls-Charta»)
- Klarer Rahmenauftrag für schulische Heilpädagoginnen, angepasst an die aktuellen
Verhältnisse
Stand FSS heute:
Die Lehr- und Fachpersonen von Basel-Stadt bekennen sich nach wie vor zur Integration, jedoch nicht zu jedem Preis!
Dieses Forderungspapier wurde von der FSS-Delegiertenversammlung am 16. Mai 2018 mit 70:0 Stimmen gutgeheissen.
Positionspapier vom 16. Oktober 2016
Seit dem Beitritt der Basler Schulen zum HarmoS- und dem Sonderpädagogikkonkordat hat die integrative Schule die Lehr- und Fachpersonen, die Schulleitungen und das ganze Bildungswesen mit zahlreichen Veränderungen konfrontiert. Viele neue Konzepte und Abläufe, das Spannungsfeld zwischen Integration und Leistung, teilweise vor Ort fehlende Ressourcen sowie steigende Schülerinnen und Schülerzahlen und Raummangel erschweren die Umsetzung des integrativen Auftrags im Alltag.
Konzeptpapiere müssen reduziert werden
Aus Sicht der Lehr- und Fachpersonen von Basel-Stadt ist die grosse Menge an Papieren und Abläufen für eine gelingende Integration kaum zielführend. Auch wenn versucht wird der Komplexität der Materie mit zahlreichen, detaillierten Beschreibungen gerecht zu werden, bewirkt diese Anzahl an Papieren in der Praxis das Gegenteil und löst mehr Konfusion und Unsicherheit aus, als dass sie als hilfreich wahrgenommen wird. Wenige strategische Kernaussagen genügen, damit die Schulen die Organisation einer gelingenden Integration an den Standorten entwickeln können.
Die FSS fordert darum, dass der diesbezügliche Entwicklungshinweis 2 aus der Systemevaluation von 20141 jetzt umgesetzt wird.
Spannungsfeld Integration und Selektion
Im Rahmenkonzept Förderung und Integration der Volksschule heisst eine der ersten Überschriften «Die Volksschulidee: Integration und Leistung zusammendenken». Was da in einem Satz so einfach beschrieben ist, bedeutet für die Lehr- und Fachpersonen im Alltag ein riesiges Spannungsfeld, dem sie trotz grosser Anstrengung häufig nur schwer gerecht werden können, da Leistung zu stark auf Selektion reduziert ist. Es können nicht alle das gleiche leisten und das müssen sie auch nicht. Dem muss Rechnung getragen werden. Die Lehr- und Fachpersonen von Basel-Stadt bekennen sich nach wie vor zur Integration, doch nicht zu jedem Preis!
Die FSS fordert, dass dort, wo Integration nicht mehr leistbar ist, andere Möglichkeiten zeitnah mit den nötigen Ressourcen zur Anwendung kommen.
Genügend ausgebildetes Personal und genügend Schulraum
Die gelingende Integration ist eine hoch komplexe Aufgabe. Dies zeigen die Ergebnisse verschiedener Studien, die in den vergangenen Jahren zum Thema Integration durchgeführt wurden.2 Gut ausgebildetes Personal, eine übersichtliche Gruppengrösse und genügend Raum sind die Schlüsselkomponenten dafür. Darum ist es wichtig, dass der Ausbildung von Lehr- und Fachpersonen eine hohe Priorität zugeordnet wird. Ausserdem müssen Raumfragen bei den aktuellen Umbauplänen in die Zukunft schauend mitgedacht werden.
Die FSS fordert, dass genügend ausgebildetes Personal und Raum für Team-Teaching vorhanden ist und dass die durchschnittliche Klassengrösse beibehalten wird.3
Die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen kann die Volksschule nicht alleine bewältigen. Nur wenn Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gewinnbringend mit der Schule zusammenarbeiten, wird die traditionell gute Bildung in unserem Kanton weiter als Ressource für zukünftige Generationen erhalten bleiben. Denn Integration in der Schule kann nur so gut gelingen, wie die Integration in der Gesellschaft aufgenommen und fortgesetzt wird.
1 vergl. Liesen/Luder, 2014: Systemevaluation der integrativen Volksschule Basel-Stadt
2 vergl. Ellinger/Stein, 2012: Effekte inklusiver Beschulung
3 vergl. LCH, 2015: Positionspapier Klassengrösse als bedeutender Belastungsfaktor für Lehrpersonen