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Ein Jahr Schule mit Corona

Ein Jahr Schule mit Corona
Rückblick auf so manches, womit die FSS von Anfang an richtig lag

Von Jean-Michel Héritier, FSS-Präsident

Seit über einem Jahr befindet sich die Welt im Würgegriff des Coronavirus. Auch die Basler Schulen stellen sich seither täglich den Auswirkungen der Pandemie. Sie tun dies in Anbetracht der Umstände  gut, was vor allem das Verdienst der vielen engagierten Lehr- und Fachpersonen, aber auch ihres Berufsverbands, der Freiwilligen Schulsynode (FSS), ist.

Wenn ich als FSS-Präsident auf die von unserem Berufsverband vor Jahresfrist vorgebrachten Covid-19-Forderungen zurückblicke, stelle ich eine erstaunliche Konstanz fest. Vieles hatten wir schon damals antizipiert. Während die Behörden aus meiner Sicht meist überaus zurückhaltend agierten und nur scheibchenweise weitere Schutzmassnahmen beschlossen, unterscheidet sich der FSS-Forderungskatalog vom Mai 2020 nur geringfügig von der aktuellen Covid-19-Haltung unseres Berufsverbandes. Daher blicke ich trotz der sonst nervenaufreibenden Coronakrise hier auch einmal gerne zurück auf so manches, womit die FSS von Anfang an richtig lag.

1. Problematische Schulschliessungen
Am 16. März 2020 wurden die Basler Schulen geschlossen und auf Distanzbetrieb umgeschaltet. Einen Vorlauf dafür gab es nicht, denn das Erziehungsdepartement (ED) hatte noch vier Tage zuvor gegenüber der FSS beteuert, dass dies nicht passieren würde. Die Lehr- und Fachpersonen schafften es dennoch, ihre Schülerinnen und Schüler aus der Ferne zu unterrichten.
Die FSS konstatierte schon damals, dass digitales Distanzlernen keinen vollwertigen Ersatz für Präsenzunterricht biete – besonders bei jüngeren Schülerinnen und Schülern, was mittlerweile durch zahlreiche Untersuchungen eindeutig belegt wurde. Wenn es erneut zu Schulschliessungen kommen sollte, dürfen immerhin Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf davon entbunden werden. Gut so!

2. Auch Kinder können (sich) anstecken
Fast schon mantrahaft hatte der damalige BAG-Leiter Daniel Koch im letzten Frühling wiederholt, dass weder Kinder noch Jugendliche Treiber der Pandemie seien. Verschiedene Studien kamen jedoch zu anderen Schlüssen, weshalb die FSS zur Vorsicht mahnte und vom ED einen verstärkten Gesundheitsschutz forderte: «Alle Lehr-, Fach- und Leitungspersonen, welche den Schulbetrieb trotz der aktuellen Covid-19-Krise aktiv aufrechterhalten, müssen bestmöglich vor Ansteckungen geschützt werden!» (vgl. www.fss-bs.ch).
Aufgrund der öffentlich zugänglichen Zahlen (www.coronavirus.bs.ch) lässt sich leicht feststellen, wie viele Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schüler jeweils aufgrund von Covid-19-Vorfällen dem Unterricht fernbleiben müssen. Statistisch gesichert ist, dass die Fälle von Quarantäne- und Selbstisolation im Laufe eines Schulquartals deutlich zunehmen und während der Schulferien dann jeweils wieder stark abflachen. Was eigentlich kaum verwundert, da Lehr- und Fachpersonen mit Gruppen von bis zu 25 Kindern und Jugendlichen während täglich vieler Stunden in geschlossenen Unterrichts­räumen arbeiten.

3. Masken, soweit das Auge reicht
Unvergessen bleibt für mich auch, wie Bundesrat Alain Berset zu Beginn der Pandemie noch die Wirksamkeit von Schutzmasken gegen Covid-19-Ansteckungen öffentlich anzweifelte. Bei der Wiederöffnung der Basler Volksschulen vom 11. Mai 2020 verteilte die FSS dennoch einige Gratisexemplare an Mitglieder, welche diese freiwillig im Unterricht tragen wollten. Obschon wir deswegen zunächst der Panikmache bezichtigt wurden, haben sich Hygienemasken mittlerweile als valables Schutzmittel gegen Covid-19 etabliert. Ein Schulalltag ohne Masken scheint aktuell kaum mehr vorstellbar, denn selbst ältere Primarschulkinder müssen sich inzwischen der Tragpflicht unterziehen.

4. Abstandhalten mit Kindern
Kurz nach der Wiederöffnung der Basler Primarschulen erhielt Erziehungsdirektor Conradin Cramer von der FSS ein von über 400 Lehr- und Fachpersonen unterzeichnetes Schreiben. Darin wurde beanstandet, dass die Abstandsregel von zwei Metern im Unterricht unumsetzbar sei und Lehr- und Fachpersonen in eine unlösbare Dilemma-Situation zwischen Befolgung der behördlichen Gesundheitsanordnung und professionellem Unterrichtsverhalten versetze. Erfreulicherweise erfolgte darauf behördenseits eine rasche Anpassung und inzwischen beträgt die Distanzvorgabe zwar weiterhin 1.5 Meter, darf aber während kurzer Zeit (15 Minuten) auch unterschritten werden.

5. Reihentests und Monitoring
Seit einem Jahr schon setzt sich die FSS für ein repräsentatives Testprogramm an den Schulen ein. Im Mai 2020 wurde von den zuständigen Behörden ein ausführliches Monitoring über den Erfolg der Schutzkonzepte an den kantonalen Schulen sowie über die standortspezifischen Unterschiede bei deren Umsetzung verlangt. Die – mittlerweile in anderen Kantonen bereits praktizierten – Covid-19-Reihentests an Schulen stellen aus Sicht der FSS eine geeignete Massnahme gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus und für die Verhinderung weiterer Schulschliessungen dar. Im April wollte Basel-Stadt gemäss eigener Ankündigung mit Massentests in Betrieben starten. Bereits zwei Wochen zuvor waren sogenannte «erweiterte Ausbruchsuntersuchungen» an den Schulen angekündigt worden. Die FSS geht davon aus, dass solche Testreihen in der Zwischenzeit durchgeführt wurden und erste konkrete Erfahrungen betreffend Monitoring bereits gewonnen werden konnten.

6. Vorwärts, impfen!
Im Dezember 2020 begannen erste Länder mit Covid-19-Schutzimpfungen. Um einer künftigen Verbreitung der Covid-19-Pandemie an Schulen vorzubeugen, verlangte die FSS gleich zu Beginn des neuen Jahres eine Impf-Priorisierung für Lehr- und Fachpersonen sowie Schülerinnen und Schüler (letztere werden laut den BAG-Vorgaben erst ab einem Alter von 16 Jahren zugelassen). Konkret bedeutet dies, dass sich diese Personen aus dem schulischen Kontext gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern der vom Bundesamt für Gesundheit definierten «Zielgruppe 4» auf freiwilliger Basis möglichst rasch gegen das Coronavirus impfen lassen können. Diese Forderung deckt sich mit derjenigen des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) sowie den Empfehlungen der Schweizerischen Erziehungsdirektoren­konferenz (EDK).
Bei der Beantwortung einer entsprechenden Interpellation im Grossen Rat verwies Regierungsrat Lukas Engelberger am 10. März 2021 darauf, dass der Kanton sich an der nationalen Impfstrategie orientiere, welche eine Impfpriorisierung von Lehrpersonen nicht vorsieht. Bleibt zu hoffen, dass Bund und Kantone mit dem Impfen nun endlich vorwärts machen. Und dass der Arbeitgeber Basel-Stadt zumindest diejenigen Lehr- und Fachpersonen unterstützt, welche nach langem Warten endlich einen langersehnten Covid-19-Impftermin erhalten haben – zum Beispiel in Form von bezahltem Urlaub für die Injektion. Viele unserer hiesigen Berufskolleginnen und -kollegen mit Wohnsitz in Baden-Württemberg sind davon bereits betroffen, denn im Nachbarland werden Lehrpersonen prioritär geimpft.

7. Die Schule ist systemrelevant
Die Coronakrise hat zumindest etwas Positives bewirkt: Sie hat deutlich aufgezeigt, dass unser Bildungssystem «systemrelevant» ist. Somit ist definitiv auch die Arbeit der Lehr- und Fachpersonen von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Was sich gleich zu Beginn der Coronakrise schon bei Schulschliessungen und Fernunterricht gezeigt hat, zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Pandemie hindurch: Die Schule ist ein wichtiger Stützpfeiler in dieser anspruchsvollen Zeit. Dafür verdient sie nachhaltig Anerkennung und Respekt.

Nicht erst seit Covid-19 verweist die FSS auf die qualitativ hochwertigen und systemrelevanten Leistungen von Lehr- und Fachpersonen. Diese ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das Resultat von seriöser, professioneller Arbeit. Dafür, dass dies in der öffentlichen Wahrnehmung fest verankert bleibt, steht die FSS ein.