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Kommission Gesundheitsschutz und Gewaltprävention

Jahresbericht 2023
Gesundheitsförderung
Traditionell wird Gesundheitsförderung an den Basler Schulen sehr hoch gewichtet. Im Fokus stehen dabei primär immer die Schüler:innen, was richtig und wichtig ist. Der Gesundheitsschutz beim pädagogischen Personal steht dabei manchmal jedoch zu stark im Hintergrund, was angesichts zahlreich krankheitsbedingter Ausfälle keine gute Entwicklung ist.

Aus diesem Grund hatte die FSS dem Erziehungsdepartement schon im Jahr 2018 einen Vorschlag für ein Massnahmenpaket unter dem Titel «Gesundbleiben im Lehrberuf» unterbreitet. Dabei wurden u.a. das Ergreifen von konkreten Massnahmen bei der Einhaltung der Jahresarbeitszeit und bei den Qualitätsnormen für das Raumklima (Licht, Raum, Luft, Belegung) sowie die Umsetzung eines bedarfsgerechten, betrieblichen Gesundheitsmanagements an allen öffentlichen Schulen in Basel-Stadt vorgeschlagen. Die von der FSS kontaktierten Ansprechpersonen hatten sich zunächst sehr aufgeschlossen gegenüber dem vom Berufsverband portierten Anliegen gezeigt.

Anlässlich der Covid-19-Pandemie erlangte das Thema «Gesundheitsschutz» dann eine ganz neue Dimension. Plötzlich standen Inhalte wie Hygienemassnahmen, Stosslüften und Zertifikatspflicht im Mittelpunkt, so dass das ursprüngliche Gesundheitsanliegen zunächst stark in den Hintergrund gedrängt wurde. Um es möglichst rasch aus diesem ungünstigen Schattendasein zu befreien, hat sich die FSS im letzten Geschäftsjahr wiederum stark für einen Relaunch des Themas «Gesundheitsschutz beim pädagogischen Personal» engagiert und wird dies weiterhin schwerpunktmässig tun.

Alarmierende Studie zur Gewalt an Basler Schulen
Anfangs 2023 hat der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) eine Studie zu Gewalterfahrungen von Lehrpersonen vorgelegt. Sie bildet die Resultate einer erstmals zu diesem Thema schweizweit durchgeführten, repräsentativen Umfrage bei 6’789 Teilnehmenden ab. Im Vergleich der kantonalen mit den gesamtschweizerischen Daten zeigte sich: In den baselstädtischen Schulen kommen Gewalterfahrungen von Lehrpersonen häufiger vor. Dies betrifft insbesondere die Sekundarstufe I.

Die Studie des unabhängigen Büros Brägger (bbeval.ch) kam zum unerfreulichen Schluss, dass in den vergangenen fünf Jahren zwei von drei Deutschschweizer Lehrpersonen bei der Ausübung ihres Berufes Gewalterfahrungen gemacht haben. Am häufigsten waren sie dabei von Formen psychischer Gewalt wie Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen oder Einschüchterungen betroffen. Auch Erfahrungen von physischer Gewaltanwendung haben 16% gemacht.

Dank dieser Umfrage kann nun erstmals belegt werden, dass es sich bei Gewalt an Lehrpersonen in der Schweiz um ein weitverbreitetes und ernstzunehmendes Problem handelt. Ähnlich hohe Vergleichswerte aus Deutschland, welche beispielsweise vom Verband Bildung und Erziehung 2021 publiziert wurden, sind nun auch hierzulande bestätigt. Das gesamtgesellschaftliche Phänomen der steigenden Gewaltbereitschaft hat an den Pforten der Schweizer Schulen nicht haltgemacht.

Auch 588 FSS-Mitglieder haben an der LCH-Umfrage teilgenommen. Die Autorin der LCH-Studie, Martina Brägger, hat die baselstädtischen Ergebnisse wie folgt zusammengefasst:

«Im Kanton BS haben im CH-Vergleich überdurchschnittlich viele Lehrpersonen der Sekundarstufe II teilgenommen, was das Gesamtresultat leicht verzerrt. D.h., wenn wir das Gesamtresultat über alle Stufen betrachten, dann gibt es praktisch keine Unterschiede zum LCH-Gesamtresultat. Wenn wir aber die einzelnen Stufen betrachten, dann gibt es doch punktuelle Unterschiede. (…) Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Lehrpersonen im Kanton BS tendenziell etwas mehr Gewalterfahrungen machen im Vergleich zum LCH-Gesamtresultat. Dies ist vor allem auf der Sekundarstufe I stark der Fall.»

Der Leidensdruck entsteht durch vier verschiedene Täter:innengruppen: Erziehungsberechtigte (CH 36%, BS 31%), Schüler:innen aus der eigenen Klasse (CH 35%, BS 40%), Arbeitskolleg:innen (CH 15%, BS 20%) sowie Schulleitungen und Vorgesetze (CH 11%, BS 13%). Aufgrund der Häufigkeit ist der Leidensdruck durch Erziehungsberechtigte und Schüler:innen am grössten (im Kanton BS häufiger durch Lernende als Eltern). Im konkreten Einzelfall sind Gewalterfahrungen durch Kolleg:innen oder Vorgesetzte aber belastender und haben stärkere Auswirkungen. Die erforderliche Unterstützung ist anscheinend nicht immer gegeben. Allzu viele Betroffene sagten aus, sie seien dabei auf sich selbst gestellt. 

Eigentlich geben die Ergebnisse der LCH-Gewaltstudie bereits genug Anlass zur Besorgnis. Die Zahlen aus dem Kanton Basel-Stadt zeigen zudem eindrücklich, dass gerade in urbanen Schulen das Gewaltpotenzial noch höher ist. Und die Rückmeldungen aus den Sekundarschulen sind schlicht alarmierend. Denn letztlich ist schon jeder Fall von Aggressivität einer zu viel. Die FSS hat darum dem Erziehungsdepartement die hier publizierten Umfrageresultate vorgestellt und die sofortige Bildung einer «Taskforce» angeregt. Dabei sollten die folgenden von der FSS vorgeschlagenen Massnahmen rasch eingeleitet werden:

  • Rasche Ursachenanalyse und Verbesserung der Situation auf der Sekundarstufe 1
  • Wirkungsvolle Interventions- und Krisenkonzepte flächendeckend und transparent institutionalisieren (inkl. Opferschutz)
  • Geeignete Unterstützungsformen innerhalb der Schule (u.a. durch Schulleitungen, Kolleg:innen) institutionalisieren
  • Statistische Erfassung und Evaluation prioritär vorantreiben – Berufliches Gesundheitsmanagement realisieren (BGM!)
  • Die Gestaltung eines gewaltfreien Schulklimas überall prioritär vorantreiben
  • Die Beratung beim PZ.BS präventiv ausbauen und das bestehende Angebot der kantonalen Ombudsstelle evaluieren
  • Bestehende Aus- und Weiterbildungsangebote evaluieren

Neuer Leitfaden «Schutz vor Gewalt»
Anlässlich dieses FSS-Vorstosses wurde die Abteilung Human Resources Basel-Stadt (HR BS, ehemals Zentraler Personaldienst) beauftragt, einen kantonalen Leitfaden zum Schutz der Kantonsangestellten vor Gewalt auszuarbeiten. Die FSS konnte sich dabei über die Arbeitsgemeinschaft der baselstädtischen Staatspersonalverbände (AGSt) als offizieller Sozialpartnerin des Regierungsrats erfolgreich einbringen. Der neue Leitfaden wurde vom Care Management des Finanzdepartements ausgearbeitet und war Ende 2023 fertiggestellt. Er wird demnächst allen Angestellten des Kantons sowie der Öffentlichkeit präsentiert. Darin sind sowohl Präventions- als auch Opferschutzmassnahmen vorgesehen und auch erstmals verbindlich geregelt.

Neue FSS-Kommission «Gesundheitsschutz und Gewaltprävention»
An der Frühlings-Delegiertenversammlung erhielt die FSS-Geschäftsleitung den Auftrag, aufgrund der besorgniserregenden Resultate aus der Gewaltstudie eine eigene Kommission einzusetzen. Diese wurde inzwischen gegründet und hat ihre Arbeit als «Kommission G&G» aufgenommen. Erste Zielsetzungen waren dabei die Erstellung eines Info-Leitfadens für alle gewaltbetroffenen FSS-Mitglieder, die Sichtung und Empfehlung bereits bestehender Bausteine zum Thema «Gesundheitsschutz und Gewaltprävention» sowie die Beratung der FSS auf strategischer Ebene bezüglich bestehender und neuer Projekte.

Véronique Arnold – PS
Barbara Fontana – PS
Holger Greiffer – PS SpA
Jean-Michel Héritier – GL/PS
Heini Kunz – Sek I SpA
Veronika Mickisch – Sek II
Antonia Ravens – PS
Lana Schmid – Sek II
Arlette Schnyder – Sek II

Kommissionsmitglieder – Stand Dezember 2023